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SCHEIDUNGSLEXIKON A – Z

Rechtsbegriffe im Familienrecht einfach erklärt:

ANHÖRUNG DES KINDES

Was bedeutet Anhörung des Kindes?

Bei Streitigkeiten der Eltern über das Sorgerecht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder bei gerichtlicher Regelung des Umgangsrechts schreibt § 159 FamFG die Anhörung des Kindes im Gerichtstermin gesetzlich vor. Durch die Anhörung soll das Gericht einen persönlichen Eindruck vom Kind erhalten. Der/die Richter(in) sind gehalten, die Anhörung des Kindes belastungsfrei und so schonend wie möglich durchzuführen. Die Kindesanhörung findet alleine vor dem oder den zuständigen Richtern statt ohne Anwesenheit der Eltern bzw. ihren Anwälten. Soweit für das Kind einen Verfahrensbeistand (Anwalt des Kindes) bestellt ist, darf dieser während der Anhörung anwesend sein. Der Verlauf und das Ergebnis der Kindesanhörung wird den Verfahrensbeteiligten im Anschluss durch das Gericht mitgeteilt und im Protokoll schriftlich festgehalten.

Gesetzliche Regelung in § 159 FamFG:

§ 159 Persönliche Anhörung des Kindes

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.   ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.   das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.   die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.   das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nachArt der Angelegenheit nicht angezeigt ist.

Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuches, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Entscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

 

Ist die Anhörung des Kindes zwingend?

Ja, wenn über die Kindschaftssachen streitig vor dem Familiengericht verhandelt wird.

Nein, wenn sich beide Elternteile über das Sorgerecht, das Umgangsrecht und/oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht einig sind und im Scheidungsverfahren keine entsprechenden Anträge als Folgesachen gestellt werden müssen. Es verbleibt dann weiterhin auch nach und während der Scheidung beim gemeinsamen Sorgerecht beider Elternteile. 

Tipps zur Anhörung des Kindes:

Erfahrungsgemäß ist die Anhörung des Kindes vor dem Gericht in Abwesenheit beider Elternteile und ihrer Anwälte sowohl für das Kind als auch für die beteiligten Eltern eine sehr belastende Situation.

Nicht selten haben die Kinder Angst davor, vor der Richterin oder dem Richter etwas zu sagen, was für den ein oder anderen Elternteil nachteilig sein könnte. Oder aber die Kinder sind in hochstreitigen familiären Auseinandersetzungen von einem der Elternteile bereits entsprechend vorbereitet um nicht zu sagen „geimpft“ und tun sich schwer damit, den in ihre Anhörung gelegten Erwartungen gerecht zu werden. Schlimmstenfalls werden die Kinder manchmal sogar von einem Elternteil zur Lüge angehalten. Versetze Dich in die Lage Deines Kindes und versuche, ihm diese massiv negative Situation zu ersparen. 

Um dieser schwierigen und belastenden Situation aus dem Weg zu gehen, können wir nur an beide Elternteile appelieren, sich über die Kindschaftssachen einvernehmlich zu verständigen. Du und Dein Ehegatte sollten stets daran denken, dass Ihr auch nach der Scheidung Eltern Eurer gemeinsamen Kinder bleibt. Gerade im Interesse des Kindeswohls bietet es sich bei streitigen Scheidungsverfahren an, die Kindschaftssachen durch anwaltliche Beratung und/oder eines Mediationsverfahrens einer Lösung im Konsens zuzuführen, anstatt darauf zu hoffen, dass das Gericht Dir oder Deinem Ehegatten zum Recht verhelfen wird. 

Und selbst dann, wenn sich eine streitige Auseinandersetzung der Kindschaftssachen vor Gericht trotz aller gut gemeinten Ratschläge nicht vermeiden lässt, sollten beide Elternteile das Kind auf die Anhörung vorbereiten (Angst abbauen; die Sicherheit vermitteln, dass die Eltern in der Nähe sind und warten). Niemals sollten Antworten „eingeübt“ werden. Die gerichtliche Anhörung des Kindes zielt niemals darauf ab, von dem Kind eine Positionierung für oder gegen einen Elternteil zu verlangen. Bedenke auch, das die Richterinnen und Richter der Familiengerichte von einem Elternteil vorgeübte und vorgegebene Antworten der Kinder regelmäßig erkennen und diese Einflussnahme nicht mit Wohlwollen honorieren. Denn das Familiengericht ist stets gehalten, die Entscheidungen in Kindschaftssachen ausschließlich am Kindeswohl zu orientieren. Manipulationsversuche des Kindes durch einen Elternteil interpretieren die Familiengerichte regelmäßig zu Lasten des Kindeswohls.

 

Du brauchst anwaltliche Hilfe zu Kindschaftssachen: